Bestimmung der Entfernung von Kugelhaufen mittels RR Lyrae-Sternen

Wenn man annehmen kann, dass ein Sternhaufen gravitativ gebunden ist und sich in einer größeren Entfernung (r > 10pc) befindet, so sind die gemessenen scheinbaren Helligkeiten der Mitglieder der Gruppe ein Maß für ihre relativen absoluten Helligkeiten. 

Die sogenannten RR-Lyrae Veränderlichen sind definiert als radial pulsierende Riesensterne der Spektraltypen A bis F mit Perioden von 0.21 bis 1.2 Tagen und Amplituden nicht größer als 1 bis 2 Magnituden im Visuellen. Aus der Perioden-Leuchtkraft-Beziehung kann man die absolute Helligkeit und somit ihre Entfernung berechnen.

 

1. Die scheinbare Helligkeit der Sterne

 

Ausschlaggebend für die beobachtete Helligkeit eines Sterns sind die ausgestrahlte Lichtmenge und seine Entfernung von der Erde. Die beobachtbare Helligkeit entspricht nicht der wirklichen Strahlungskraft (Entfernung nicht berücksichtigt); man bezeichnet sie als scheinbare Helligkeit -m. 

2. Beleuchtungsstärke

 

Helligkeiten werden dadurch gemessen, dass man bestimmt, wie stark ein Empfänger von einer Lichtquelle beleuchtet wird. 

Nach dem 1857 von POGSON eingeführten Verfahren beträgt das Helligkeitsverhältnis zweier Sterne, deren scheinbare Helligkeiten sich gerade um eine Größenklasse unterscheiden 2,512. Einen Unterschied von zwei Größenklassen entspricht demzufolge ein Helligkeitsverhältnis von 2,512*2,512=2,5122. 

Zwei Sterne mögen die scheinbaren Helligkeiten m1 und m2 besitzen und ihre Strahlungen im Empfänger die Beleuchtungsstärken B1 und B2 erzeugen. Dann gilt für das Verhältnis der Beleuchtungsstärken:

 

3. Absolute Helligkeit*

 

Zwei Lichtquellen gleicher Strahlungsintensität I mögen sich in Entfernungen r1 und r2 vom Empfänger befinden. Die dabei erzeugte Beleuchtungsstärke ist:

 

                                                                         I=Br^2

 

daraus folgt:

 

Als Bezugsentfernung wurden 10pc bzw. 32,6 Lichtjahre gewählt, d.h. man kann nach (1) für jeden der beiden Sterne diejenige scheinbare Helligkeit berechnet werden, die er besitzen würde, wäre seine Entfernung von der Erde genau 10pc. Diese, auf 10pc bezogene, scheinbare Helligkeit eines Sterns heißt absolute Helligkeit - M.

*) – ohne Berücksichtigung der bolometrischen Korrektion BC.

4. Das Entfernungsmodul

 

Es ist auch möglich, nur durch die Analyse des Lichts eines Sterns auch ohne Kenntnis seiner Entfernung auf die absolute Helligkeit zu schließen. Durch Logarithmieren der Gleichung (1):

Schreibt man die Beziehung (2) für ein und derselben Stern, der einmal in der Entfernung r0=10pc und zum anderen in einer beliebigen Entfernung r sich befindet, so ergibt sich:

Wendet man (3) auf die letzte Beziehung an, ergibt sich:

 

-0,4*(m1-m2) = 2 – 2 log (r)

 

Im vorliegenden Fall m2 ist die absolute Helligkeit (M) und m1 die scheinbare (m), so folgt:

Gleichung (4) ist die Grundbeziehung der Entfernungsmessung in Parsec. Der Entfernungsmodul (m – M) ist nur von der Entfernung des Sterns abhängig. Beispiele:

 

• m – M > 0 für r > 10pc

• m – M = 0 für r = 10pc

• m – M < 0 für r < 10pc

 

Aus (4) folgt die Formel für die Entfernung:

 

r=10^1+0,2(m-M)       (5)

 

5. RR Lyrae Sterne

 

Die Ursache der Helligkeitsänderungen der RR-Lyrae-Sterne ist die Pulsation der Sterne. Abbildung 2, 3 zeigen unten die Helligkeitsänderung eines RR-Lyrae-Sterns und darüber seine Radius- und Temperatur-Änderung. Während eines Pulsationszyklus bläht sich der Stern auf und fällt wieder zusammen.

 

6. Entfernungsbestimmung 

 

Der Grund dafür, dass die RR-Lyrae-Sterne pulsieren ist ihre Lage im Instabilitätsstreifen des Hertzsprung-Russell-Diagramms (HRD). In diesem Instabilitätsstreifen liegen besondere Verhältnisse von Druck und Temperatur der Sterne vor, so dass alle Sterne in diesem Streifen Helligkeitsvariationen zeigen, Abb.4. 

 

Die RR Lyrae Sterne haben eine typische absolute Helligkeit in V von etwa +0,6mag, diese ist von der Metallizität (Fe/H) abhängig [4]:

 

MV = 0,15 * (Fe/H) + 0,80   (6)

 

Mit der ebenfalls beobachteten scheinbaren Helligkeit m der RR Lyraes folgt über das Entfernungsmodul die Distanz d des Sterns gemäß Gleichung 5: 

 

r=10^1+0,2(m-M)

 

Am Beispiel der drei Herkules Kugelsternhaufen (M13, M92, NGC6229) ergibt sich:

 

• MV - absolute Helligkeit RR Lyrae [4] nach Gleichung (6)

• V_HB magnitude level of the horizontal branch (or RR Lyraes) [5]

 

Diese Abschätzung mit einer Genauigkeit von ~5% ist bei dem geringen Rechnungsaufwand zufriedenstellend.

Literatur

[1] H.R.Henkel, Astronomie, 4.Auflage 1991, Verlag Harri Deutsch

 

[2] BAV Einführung in die Beobachtung Veränderlicher Sterne

 

[3] BAV - Übersicht über die kurzperiodischen Pulsationssterne von Dr. Gisela Maintz (Zugriff März 2016)

   

[4] Star Clusters Saas-Fee Advanced Course 28. Lecture Notes 1998 Swiss Society

 

[5] William E. Harris, CATALOG OF PARAMETERS FOR MILKY WAY GLOBULAR CLUSTERS, McMaster University, rev.:  December 2010

 

Externe Links